In diesem Projekt erforschen wir, wie Kinder Verstöße gegen moralische Normen bewerten. Wir schauen dabei, ob Kinder unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichen kognitiven Fähigkeiten Normverstöße (wie Lügen) differenziert bewerten können – je nachdem, in welchem konkreten Kontext der Verstoß begangen wird.

Projektbeschreibung

Soziales Zusammenleben und soziale Interaktionen erfordern, dass wir uns an moralische und ethische Normen und Konventionen halten. Manchmal kann es aber auch notwendig sein, diese Normen oder Konventionen zu überschreiten, z.B. kann es in manchen Kontexten sozialer sein, zu lügen, um die Gefühle von jemandem zu schützen oder einer Person zu helfen. Unsere Frage ist hier, wann und wie sich eine solche differenzierte Sicht auf moralische Normen und Konventionen entwickelt.

Kinder im Vorschul- und Grundschulalter zeigen ein sich entwickelndes Verständnis für moralische Normen wie Ehrlichkeit, und ihre Bewertung von Lügen wird mit zunehmendem Alter nuancierter, insbesondere abhängig von den Absichten und dem Kontext, der hinter der Lüge steht. Während jüngere Kinder dazu neigen, eine Schwarz-Weiß-Sicht auf Lügen zu haben und sich mehr auf das Ergebnis als auf die Absicht konzentrieren, beginnen ältere Kinder zu verstehen, dass die Absicht eine Rolle spielt. Sie fangen an, Lügen kontextbezogener zu bewerten, z. B. erkennen sie, dass Lügen aus prosozialen Gründen (z. B. um die Gefühle anderer zu schützen) akzeptabel sein können. 

Um die sich entwickelnde Differenzierung der moralischen Urteile von Kindern weiter zu erforschen, untersuchen wir Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter und konzentrieren uns auf ihre Bewertung von Lügen in verschiedenen Kontexten. Die Kinder sehen kleine Geschichten, in denen jeweils eine Person einen Normverstoß (Lügen) begeht. Die Geschichten unterscheiden sich dahingehend, ob die Person für sich selbst oder für andere lügt (z.B. um ihnen zu helfen). Wir fragen uns, ob die kindliche Bewertung dieser Geschichten mit den unterschiedlichen Gründen für den Normverstoß variiert und ob diese vom Alter des Kindes und von sozial-kognitiven Fähigkeiten (Theory of Mind, kognitive Flexibilität) beeinflusst wird. 

Dieses Projekt wird Einblicke in die Entwicklung des moralischen Urteilsvermögens von Kindern geben und kann Psychologen und Pädagogen dabei helfen zu verstehen, wie die sozial-kognitiven Fähigkeiten von Kindern wie Theory of Mind und kognitive Flexibilität mit dieser Entwicklung zusammenhängen.